Der Zwerge Tor aus brennender Hand

Einen ganzen Tag hatte er an dem großen Ritualkreis gearbeitet und das unter dem wachsamen Blick von mindestens einem Zwerg. Grimmig blickten Sie von oben auf sein Werk herab, wie er sich dort auf der großen Steinplatte abmühte. Zu aller Unmut hatte er zwischendurch noch einmal von vorne anfangen müssen. Allen voran Muriel war nicht erfreut gewesen. Ihm war klar, dass das was er hier tat entgegen der Natur der Zwerge stand. Ein magisches Portal im Herzen eines Zwergenreichs. Als Muriel zu ihm gekommen war und ihn gefragt hatte, war er sofort Feuer und Flamme. Hinzu kam, dass Muriel die vier magischen Worte gesagt hatte. „Geld spielt keine Rolle“. Dies war seine Chance etwas Großes, etwas Bedeutendes zu schaffen. Lächelnd zog er den letzten Strich noch einmal nach und trat einen Schritt zurück. Er hatte alles viermal überprüft und noch Weitere zweimal nachgerechnet. Nun war der Zeitpunkt gekommen. Sein Blick ging hoch zur Wache. „Ich bin fertig, wir können beginnen. Mögt ihr Muriel Bescheid geben?“ Die Augen des Zwergs verengten sich, jedoch verzog er keine weitere Mine. „Ich werde gehen, wenn ihr hier hochkommt.“ Brummte er. Man diskutiert nicht mit Zwergen. Mit einem Schulterzucken folgte er der Weisung des Zwergs und kletterte auf den erhöhten Posten. Nun konnte auch er sein Werk und das der Zwerge überblicken.

Die Szenerie war wahrhaftig imposant. Vor ihm in der Bergflanke erhob sich das riesige Portal, wie es aus dem Berg und in den Berg gehauen war. Es war genauso wie er es entworfen und gezeichnet hatte. 3 Jahre hatte es gedauert und nun war es so weit. Links von ihm versank langsam die Sonne hinter dem Taleingang und das Orange Licht traf auf die Blutroten Rubin des Portals, schimmerte in seinem Kreis aus Kristallpulver, dass sich selbst dieser auf der großen schwarzen Steinplatte rötlich hervorhob. Der Zwerg zeigte sich zufrieden und als der Magier, seines Erachtens nach, nicht mehr nahe genug an dem Kreis stand, um irgendwelche Dummheiten zu machen, löste er sich von seinem Posten, um rüstklappernder Weise die Bingenherrin aufzusuchen.

Es verging mit Sicherheit eine halbe Stunde, ehe Wächter und Brillantherz zurückkehrten. Muriel wirkte ernst, auch wenn sie nicht über die Maße streng daherkam. Sie trug die Kleidung, die man von ihr kannte. Abgespecktes Lederwams, dazu der gestreifte Rock, auf dem die Grußworte „Baroschem“ und „Garoschem“ in den Runen des Rogolan standen und der blaue Zipfel, der so voll an Abzeichen und Schmuckwerk war, das Isaac ihn kaum mehr erkennen mochte. Seit ihrem letzten Aufeinandertreffen hatte sich viel verändert und getan. Sogar drei Federn wippten jetzt am Kopf der Zwergin, weiß und blau, bauschig und voller Schwung und unter ihnen ein Stück des Prachtkranes eines blauen Pfaus. Wie immer trug die Brillanzwergin Hammer und Schild bei sich. Das Licht der Abenddämmerung ließ die ungezählten Diamanten, Rubine und Opale, die an ihren Fingern, ihrer Rüstung und in ihrem Bart hingen, fast überirdisch strahlen. So abgehalftert ihre Rüstung auch sein mochte, Muriel ließ jeden wissen, mit wem er es hier zu tun hatte. Wenigstens in diesem doch eher kurzen Moment von Dämmerung und Morgenröte.

„Das sieht ziemlich gefährlich aus“, kommentierte sie eher beiläufig, als sie sich neben den Magier gestellt und ihm kurz den Arm getätschelt hatte. „Wenn das hier schief geht, jagen sie mich aus meinem eigenen Berg und dich…“ Zahnweiß blitzte auf, so breit wie die Handelsmeisterin der Zottelbärte grinste. Fraglich, ob sie es ernst meinte oder nicht. Das grün ihrer Augen sprang auf das Ungetüm aus Stein…dieses herrliche Bauwerk, das sie hatte erschaffen lassen von den kundigsten unter all ihren Handwerkern. Die Kristalle, die Isaac gefordert hatte, hatte sie selbst bearbeitet und niemand anderen daran gelassen. Ihre Verantwortung. Ihr Projekt. Ihre Schuld, wenn irgendetwas schief ging. „Wir haben lange Zeit auf diesen Augenblick gewartet. Deine Kisten sind bereit und bereits auf einen Wagen geladen.“ Kisten…Isaac hatte sie als Bezahlung gefordert und Muriel hatte sie anfertigen lassen. Sie sagte es dem Mann nicht, aber sie waren bereits nach etwa einem halben Jahr fertig gewesen und standen seitdem in ihrer Kammer herum, um darauf zu warten, dass sie endlich an ihren neuen Besitzer übergehen konnten. „Ich habe heute Morgen deine Pläne noch einmal überprüft, bin die Runeninschriften durchgegangen und haben sie abgeglichen. Von unserer Seite aus ist alles erfüllt und erledigt. „Das bedeutete, dass jetzt der Mann an der Reihe war. Hinter den beiden rasselte das Kettenhemd des grimmigen Smaragdsplitters. Die Kriegerkaste der Karfunkelsucher und obgleich der Mann ebenfalls ein Brillantzwerg war, hatte er offenbar nur wenig Meinung über das freisinnige und vor allen Dingen auch feinsinnige Gemüt einer Brillantherz oder eines Opalblicks. „Bereit wenn du es bist“, griente Muriel und warf dem Vetter in ihrem Rücken einen zugewandten Blick zu. Dann wendete sie ihr Haupt und sah zurück zu dem Magier, den sie schon so viele Jahre kannte.

„Brauchst du noch irgendetwas? Muss ich etwas machen, oder kannst du beginnen?“ Gegenüber Muriels strahlender Präsenz konnte man Isaac nur als schlicht bezeichnen. Das großflächige Weiß und Rot seiner Gewandung, beinahe gänzlich ohne Schmuck und Tand, stand ihrem gänzlich entgegen. Eine Sache gab es jedoch, die nun deutlich an ihm herausstach. Er hatte Portarius, jenes Schwert, welches er immer in Leinen gebunden auf seinem Rücken trug ausgepackt und es sich über die Schulter gelegt. Die großen Rubine am Ende des Knaufs und des Parieres schimmerten gleich denen des Portals. Die Hohlkehle der Klinge leuchtete ebenfalls rot, doch waren es hier keine Edelsteine, welche sich im Licht spiegelten. Die Quelle dessen war nicht zu erfassen. Auch schien die Klinge selbst stumpf und scharf zugleich. Die Schneide entzog sich nahezu dem Blick und es erschien, als sei die Klinge verschwommen, wie als wenn sie sich schnell bewegte. Doch tat Sie es nicht. Es mochte lässig aussehen, wie er dort die Klinge auf seiner Schulter trug, doch er selbst war es nicht. In ihm brodelten die Gefühle über.

Ehe er ihr Antwortete schloss er kurz die Augen und atmete einmal tief ein und aus. Er wandte sich ihr zu, warf dabei einen Blick hinter sich und fand vor, was er sich erhofft hatte. Sie war nicht allein gekommen. Ein Trupp schwer gerüsteter Krieger hatte sich hinter Ihnen postiert und weitere Zwerge, offenbar Handwerker sowohl Männer als auch Frauen waren gekommen. Mit ihren Worten und ihrer Berührung hatte Sie ihn aus den Gedanken ob der kommenden Tat gerissen. Der Anblick des Portals, wie es im sterbenden Sonnenlicht glühte und die Tragweite dieser Queste hatten ihn nicht einmal das schwere Scheppern der Rüstungen hören lassen. „Vielen Dank, Muriel. Ich kann nun beginnen. Alles was ich noch brauche sind die drei Schlüssel, die für das Portal bestimmt sind.“

Muriel warf einen Blick auf die Zwerge, die sich in ihrem Rücken eingefunden hatten. Karfunkelsucher alle miteinander. Nicht einen einzigen Zottelbart sah man unter ihnen, obgleich die Clans sich im Grunde verbunden hatten. Brillantzwerge eben, die ihren zottelbärtischen Geschwistern die Aufgabe abnahmen hier zu wachen. Die Brillantherz blickte wieder nach vorne und nickte. Die Schlüssel lagen bereit. Ein Opalblick, einer aus Murgrims Sippe, trug sie in einer Kiste auf die kleine Erhöhung hinauf.

Er öffnete das Behältnis und präsentierte drei aus Bergkristall gefertigte, in sich gewundene und gedrehte „Schlüssel“, die Muriel übernahm. Sie holte die Schmuckstücke nicht aus der mit Samt ausgelegten Kiste, sondern nahm das ganze Ding in die Hände, um es an Isaac weiter zu reichen, oder es, je nach seiner Anweisung zu halten, beziehungsweise zu platzieren. Als Isaacs Blick in die Truhe viel weiteten sich seine Augen. Er selbst hatte es Muriel überlassen, wie die Schlüssel beschaffen sein mochten, doch jenes was er hier sah füllte sein Herz mit Freude. „Sie sind wunderschön“. War alles was er dazu sagen konnte. Mit einer dankenden, beinahe ehrfürchtigen Verbeugung nahm er Muriel die Kiste aus der Hand. Er würde die Schlüssel selbst im Kreis platzieren. Dies mochte deutlich angenehmer für alle Beteiligten sein.

„Muriel, ich werde ca. anderthalb Stunden brauchen. Es wird viel Feuer involviert sein. Dies soll euch nicht verunsichern. Möchtet ihr, dass ich euch beschreibe, was passieren wird oder reicht es euch zu wissen, dass wenn ich laut schreie und zu Boden sinke, wir ein Problem haben?“ Er mochte dies scherzhaft formuliert haben doch war ihm dies sehr ernst. „Junge“, die Brillantherz lehnte sich gemütlich auf den großen Rubin, der am Ende des Stiels ihres Hammers steckte und blickte schmunzelnd zu dem Magier auf, „Ich kenne keinen Zwergen, den Feuer in irgendeiner Weise verunsichern könnte.“ Denn immerhin waren sie alle Angroschs Kinder und fürchteten sich nicht vor der Hitze des Schmiedefeuers oder vor dessen Flammen. „Sage mir einfach was wir in -dem- Fall tun müssen. Ich will gar nicht wissen wie es ablaufen wird, aber ich will wissen, was unsere Optionen sind, wenn die Sache schief geht und womit wir in diesem Fall rechnen müssen.“

Isaac überlegte kurz. „Es gibt drei Szenarien. Szenario 1: Ich mache einen Fehler und der Ritualkreis fliegt mir um die Ohren. Wenn ihr weit genug weg steht, sollte euch nichts passieren. Sofern noch ein Fünkchen Leben in mir steckt, wäre es schön, wenn ihr es nicht verglimmen lasst. Szenario 2: Ich öffne ein Portal allerdings zu einem falschen Ort und wir haben unliebsame Besucher und Szenario 3: Ich öffne das Portal falsch und der ganze Raum bricht in sich zusammen. Ich kann dich beruhigen, die beiden letzten Szenarien sind noch unwahrscheinlicher als das Erste. „Schob er hastig nach“, im Falle jedoch müsstet ihr bei Szenario 2 die Besucher abwehren, bis ich das Portal wieder geschlossen habe und bei Szenario 3 empfehle ich wegrennen.“

Besorgt ob dem was er ihr nun offenbart hatte, blickte er zu ihr hinunter. Er war sich sicher, dass sie gewusst hatte, worauf sie sich hier eingelassen hatte, doch es nun laut auszusprechen war letztendlich die Bestätigung dafür. „Wir laufen nicht davon.“ Punkt. Wenn da etwas durch das Portal kam, was auch immer es sein mochte, dann würden die Zwerge kämpfen, denn Flucht war so nahe an ihrer Binge nun wirklich keine Option. Muriel schmunzelte und deutete nach vorne auf den großen Ritualkreis. Sie verbarg ihre Gefühle und Gedanken zu der ganzen Sache, jeden Zweifel, der in ihr aufkam. Es war jetzt nicht die Zeit dafür. „Was passiert, wenn du nieder gehst? Gibt es einen Plan B, um das geöffnete Portal auch ohne dich wieder zu verschließen?“

Isaacs Augenbrauen zogen sich zusammen. Er hatte nicht in Betracht gezogen, dass er versagen würde. Zumindest nicht so in dem Maße, dass jemand nach ihm in der Lage wäre aufzuräumen. Es war kurzsichtig von ihm gewesen, das war ihm jetzt klar, doch es musste hierfür eine Lösung geben. Schließlich hatte er alles dreimal überdacht. Isaacs Gesichtszüge entspannten sich wieder und ein Lächeln zeichnete sich unter seinem Bart ab. „Keine Sorge Muriel, die Schlüssel sind das Erste, was ich verzaubere. Ich werde Sie an das Tor binden und jeder der den Schlüssel trägt vermag es, es zu schließen. Er muss lediglich zum Schloss kommen.“ Mit einer Hand zeigte er in Richtung seines Ritualkreises. Dort lag eine schlichte steinernen Platte, in die ein Runenkreis geritzt war.

Ein weiterer Gedanke war ihm gekommen. „Eure Runenschmiede sollten auch in der Lage sein, das Tor mit Gewalt zu schließen. Wenn sie Runen des Schließens in die Säulen des Bogens schlagen, wird das Portal sich ebenfalls wieder schließen.“ Die Zwergin nickte. Das waren gleich zwei Optionen, von denen sie hoffentlich keine würde brauchen müssen. Isaac mochte in seine Fähigkeiten vertrauen, die Brillantherz aber tat es nur bis zu einem gewissen Maße.

Magie war heimtückisch und gefährlich. Lebendig war sie und sie hatte ihren eigenen Willen. Das Leben hatte sie bittere Lektionen gelehrt und ihr mehr als einmal deutlich gemacht, dass es besser war auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, selbst wenn man am Ende dann doch keinen Plan B gebraucht, hatte… „Wo liegen die Schlüssel? Nimmst du sie mit da hinein?“ Sie deutete auf den Ritualkreis. „Oder bleiben sie hier? Können wir den Kreis einfach so betreten? Oder besteht dann eine Gefahr für uns?“ „Ich muss die Schlüssel mit in den Kreis nehmen.“ Antwortete er. „Ihr könnt den Kreis betreten, wenn die Flammen verloschen sind. Also jene welche nicht auf meiner Kleidung liegen.“ Schob er hastig ein. „Das Feuer wird dann jegliche freie Magie verzehrt haben. Die Schlüssel liegen jeweils in den drei Kreisen im Dreieck um die Steinplatte herum“. Er wies wieder auf die Steinplatte mit dem Runenkreis und auf die kleinen Kreise darum. Muriel nickte. „Wenn es sonst nichts mehr gibt…Dann solltest du beginnen, hrm?“ Die Zwergin strich sich mit einer beiläufigen Bewegung durch die Zöpfe ihres Bartes. „Isaac?“ Sie wartete nur einen Moment. „Vergeig es nicht.“

Als Isaac diese Worte vernahm musste er lachen. „Oh Muriel, dies hier ist meine Chance etwas zu schaffen, was noch in hunderten von Jahren Bestand haben wird. Hier zu stehen und die Möglichkeit zu haben solch etwas Großes, kunstvolles zu schaffen. Dies hier wird ein Zeichen dafür sein, dass die Kunst der Magie nicht gänzlich verkommen ist. Muriel, ich danke dir und ich verspreche dir, ich werde das hier nicht vergeigen.“

Mit diesen Worten steigerte sich Isaacs Begeisterung ins unermessliche und spiegelte sich glänzend in seinen Augen wider. Das Lachen wurde zu einem Lächeln, einem Lächeln voll der wärmenden Zuneigung der letzten Sonnenstrahlen und in seiner Stimme lag so viel Entschlossenheit. So viel Entschlossenheit, dass er jegliches Hindernis vernichten mochte. Hitzeflimmern und leichte Flämmchen zeichneten sich auf seiner Kleidung ab. Als er dies bemerkte sank er schuldbewusst etwas zusammen und die Flämmchen verloschen. Muriel betrachtete den Magier und ließ ihm diesen, seinen Moment. Sie verharrte auf ihrem Posten und gab dem Mann Zeit und Freiraum, die nötig waren, um sich erneut zu sammeln und schließlich bereit zu sein, um zur Tat schreiten zu können.

Die Zwergin lächelte schmal, zugewandt, verständnisvoll. Es gab kaum etwas Schöneres, als ein Werk kurz vor seiner Vollendung bestaunen zu können und die Aufregung kribbeln zu spüren, im Bewusstsein diesen letzten Handstreich nicht verderben zu dürfen, um die Arbeit von Monaten, vielleicht sogar Jahren binnen eines Wimpernschlages zunichtezumachen. Sie waren Handwerker und ein Magier war im Grunde nichts anderes. „Viel Glück.“ Mehr sagte sie nicht, zeichnete sich mit den Fingern ein Fuchsgesicht, küsste die Spitze ihres Zeigefingers und strich damit über das Phexzeichen an ihrer Mütze. Sie war die kühnste der Kühnen und heute würde sie es wieder einmal beweisen. Die Zwölfe mochten ihr beistehen, dass dieser Mensch nicht versagte und sie die Zwerge ins Verderben stürzte. „Muriel, danke.“ Es hatte noch einige Augenblicke gedauert, bis er sich gänzlich beruhigt hatte und das Feuer in ihm abgeklungen war. Es war Zeit.

Die Sonne war nun endgültig verschwunden und immer mehr Sterne erschienen über Ihnen. Er wandte allen den Rücken zu und ging zum Kreis. Ohne die Linien zu verwischen, stieg er über die komplexen Strukturen, die er gezeichnet hatte. Es war etwas schwierig, mit der Holzkiste unter dem Arm und dem Schwert auf der Schulter doch gelang es ihm ohne Fehl. Er legte Portarius, die Weltenschneide, das Portalschwert kurz ab und legte die Schlüssel in die davor gesehenen Kreise. Danach trat er wieder zurück zu der Stelle an der Portarius niedergelegt hatte.

Er hob die Klinge auf und positionierte sich in dem nahegelegenen Kreis. Von der Position her stand er nicht gänzlich mittig doch bei der Betrachtung aus der Ferne war deutlich zu sehen, dass der Gesamte Kreis und die gezogenen Figuren auf diesen Kreis hin ausgerichtet waren. Die Schlüssel lagen nun zwischen ihm und dem Portal und bildeten ein eigenes kleines Zentrum zwischen Ihnen. Er Hob Portarius etwas an und rief einen Befehlt:“Portarius, schneide!“ Danach rammte er die Klinge in den Stein vor sich und sie sank in den Stein ein, ohne auf Widerstand zu stoßen. Er ließ die Klinge wieder los und sie blieb an Ort und Stelle vor ihm im Boden stecken.

Als nächstes brachte er die Holzkiste zum Rand des Kreises, stellte diese ab und zog ein schweres Buch aus seiner Umhängetasche. Er ließ auch die Umhängetasche zurück, wie auch seinen Gürtel mit Komponenten. Anschließend trat er wieder zum Schwert. Nun war alles vorbereitet. Die Anspannung begann ihn zu bedrängen und er begann tief ein und auszuatmen. Mit einer bestimmten Geste richtete er seine Finger auf den äußersten Kreis und begann seine Formeln zu rezitieren. Er sprach zunächst in der Handelssprache und wiederholte die Formel in der Alten Sprache. Diese Worte waren mit Macht belegt und sein Wille manifestierte sich in ihnen.

In meinem Namen, auf dies Zeichen hin soll es sein. Stehe unter magischem Schutz, welcher verwoben mit den Elementen und verbunden mit den Welten, auf das er ausschließe all was schadet. Auf dies Zeichen hin soll es sein.

Seine Stimme war fest, seine Stimme war laut und als das letzte Wort seine Lippen verließ begann der äußerste Kreis zu leuchten. Der Bergkristall begann weiß, milchig zu leuchten und setzte sich in der Dunkelheit ab. Isaac hielt sich nicht damit auf und rezitierte weiter. Er wiederholte die Formel mehrfach. Hier und dort war ein Wortlaut ein anderer doch die Grundstruktur der Formel blieb gleich. Immer mehr Kreise und Zeichen begannen zu leuchten als nach und nach seine Kraft und sein Willen sie mit Macht und Magie füllten. Es dauerte eine Weile bis jegliche Rune, jegliche Linie leuchtete. Es war zunehmend stärker geworden und er selbst konnte ob des Lichts um sich herum die Sterne nicht mehr erkennen. ‘Unendlich gleich der Träume Gräber, funkeln Sie am Firmament’. Diese Gedichtszeile aus seiner eigenen Feder schoss ihm in den Kopf und ein Lächeln folgte dieser. Der erste Schritt war getan. Der Schutz stand und die Runen waren bereit. Er schloss noch einmal kurz die Augen und sammelte sich, beruhigte sich, wartete, bis die Last der soeben gewirkten Magie leichter wurde. Dann setzte er von neuem an.

“Ich stehe hier, um Kunst zu binden Ich stehe hier um höheres zu schaffen Ich stehe hier um Magie zu binden Ich stehe hier um ein Kunstwerk zu schaffen Hic ego sum artis ad alligare. Hic ego sum excellentias ad creare. Hic ego sum magias ad alligare .Hic ego sum ad creare artificium.”

 Er hatte diese Worte mit solch Inbrunst in die Welt geschmettert, dass sein Echo das ganze Tal erfüllte. Als seine Stimme verklungen war begann er erneut:

“Dies Ort sein mein Reich, mein Wort sei Gesetz, mein Gesetz sei absolut, soweit wie mein Wille reicht. Dies jene mein Reich sei erfüllt von Feuer!”

Im nächsten Moment explodierte der Kreis, in dem er stand, förmlich. Eine riesige Flammensäule schoss aus dem Kreis hervor und stieg hoch hinauf in den Himmel. Die Flammensäule hüllte ihn und alles was sich darin befand ein, umtanzte ihn und fauchte laut. Doch es verzehrte ihn nicht. Es verzehrte augenscheinlich Garnichts. Es war nirgends Nahrung für das Feuer zu sehen. Isaac selbst wusste es besser. Es war seine Kraft, seine Magie, von der das Feuer hier zehrte, doch von außen mochte es so aussehen, als ob es ohne Zutun brannte. Er hatte es geschafft. Er hatte sich eine kleine Globule geschaffen. Sein eigenes Reich in dem er frei wirken konnte. Magie war Feuer und Feuer war Magie. Nun konnte er frei verfügen und sogar aus Feuer Wasser schaffen. Dies alles zehrte an seinen Kräften und er wusste, dass er dies nicht lange durchhalten konnte. Letztendlich stemmte er sich hier gegen die Gesetze der Welt selbst, indem er diesen Kreis für sich beanspruchte.

Das Feuer zehrte von ihm und ihm blieb nicht viel Zeit. Er ließ das Buch in seiner Hand los und durch nur einen Wink seiner Hand begann es neben ihm in der Luft zu stehen. Entschlossen packte er den Griff von Portarius. Er zog das Schwert wieder aus dem Stein heraus und hob es an seine Stirn, dass die flache Seite der Klinge diese berührte. Mit einer fließenden Bewegung richtete er die Spitze der Klinge auf den ersten Schlüssel. Seine Worte waren nach außen hin nicht zu verstehen, doch es war ersichtlich was er hier tat. Der Kristall des Schlüssels begann von innen heraus zu leuchten und auch die Runen auf der Platte reagierten. Nacheinander zeigte er auf die einzelnen Schlüssel und eine Art brennender Pfad bildete sich zwischen den Schlüsseln und der Platte.

Als nächstes richtete er die Klinge auf das Portal und ein weiterer brennende Pfad folgte seiner Weisung und bildete von der Platte Richtung Portal. Der Pfad endete am äußeren Kreis, wie als wenn er abgeschnitten wurde. Wenig später begann der Edelstein an der Spitze des Portals zu leuchten. Zufrieden ließ er das Schwert sinken. Er atmete schwer, er hatte nicht mehr viel Zeit, ehe ihm die Kraft ausging. Natürlich hatte er vorgesorgt und einige Kraftspeicher vorbereitet. Doch er wollte es ohne diese schaffen. Gänzlich ohne zusätzliche Kraft. Nur mit seiner eigenen. Erneut hob er die Klinge an seine Stirn und konzentrierte sich auf die Klinge, auf die Zauber, die darin verborgen lagen und entsandte seinen Geist, seine Gedanken, seinen Willen in die Klinge und durch diese hindurch. Er wusste, wo er war, er wusste wann er war und er wusste wo sein Ziel lag.

Er sandte seinen Geist aus, um den Weg dorthin zu finden. Gleich einem Leuchtfeuer wies ihm jenes auf das er seinen Willen fokussierte den Weg. Es war ein kleiner Kristall mit seiner persönlichen Rune. Er hatte einige Zauber gewoben, um diesen Kristall einzigartig zu machen und er hatte ihn in der Binge direkt mittig im Torbogen platziert. Dies war sein Ziel. In seinem Geiste ergriff er diesen Stein und fokussierte sich auf ihn. Als er nun die Augen wieder öffnete war das Feuer um ihn etwas verklungen und es leckte nur über ihn und den Bergkristall. Hier und dort erschienen noch einige Flämmchen in der Luft. Nun brüllte er:

„Portarius, erhöre deinen Hüter, erhöre deinen Träger und gehorche! Folge meinem Willen, folge meinem Befehl. Öffne den Raum und reiche bis zu meinem Ziel. Schneide durch das Geflecht. Portarius, schaffe mir einen Weg zu meinem Ziel. Du bist der Weg, du bist das Ziel. Mache mir zu eigen was dein ist!“

Mit diesen Worten stieß er die Klinge vor sich in die Luft. Auf halben weg verschwand sie einfach in der Luft. Dort wo sie verschwand, leuchtete es leicht bläulich und Flammen traten an dieser Stelle zutage. Gleichzeitig erschien ein kleiner leuchtender Punkt am oberen Ende des riesigen Portalbogens. Isaac ergriff die Klinge mit beiden Händen und langsam, ganz langsam drückte er sie nach unten. Der kleine leuchtende Punkt im Bogen folgte der Bewegung der Klinge und begann langsam ebenfalls nach unten zu wandern. Dabei hinterließ er eine brennende Spur welche gleich einem sich teilenden Vorhang von oben nach unten folgte. Flammen leckten aus dem Raum heraus, beinahe so als ob sich das Tor zur Hölle hin öffnete.

Immer weiter glitt das Schwert gen Boden und der Spalt öffnete sich weiter. Die Edelsteine im Portalbogen begannen schwach zu leuchten und auch die Runenbänder schimmerten. Im oberen Bereich wurde der Spalt auseinandergezogen und die Flammen versiegten so bald der kleine brennende Punkt sich weiter von ihnen entfernte. Je breiter der Spalt wurde desto mehr Licht drang aus diesem hervor. Es war warmes Licht von Fackeln, welche das graue Gestein des Berges orange färbte. Doch war dies nicht das Gestein dieses Berges. Es war das Gestein der Binge. Isaac keuchte vor Anstrengung und mit einem letzten Aufgebot seiner Kraft erreichte die Klinge den Boden. Als er nun die Klinge zurück zog Riss das Tor förmlich auf und der Weg war frei, das Portal war geöffnet.

09.07.2020 Dominik Fröhlich ft. Muriel Brilliantherz / Bild: Tote Ronja

Download pdf here